UL-Flugschule Aschaffenburg


Sonnen

Ausflug nach Sonnen.

Schon in den ersten Märzwochen reifte der Plan, über Ostern einen Ausflug an der Alpennordseite entlang nach Sonnen im Bayerischen Wald zu unternehmen. Von Aschaffenburg aus soll es am 1. Tag über Bremgarten und Kempten nach Sonnen gehen. Für den 2. Tag war dann der Rückflug von Sonnen über Rosenthal-Field-Plössen nach Aschaffenburg vorgesehen. Mit Lineal, Bleistift, Dreieck und den druckfrischen ICAO-Karten von Frankfurt, Stuttgart, München und Nürnberg bewaffnet, trafen wir uns ein paar Tage vor Ostern zur Flugplanung. Die Streckenführung war vorher schon grob im Computer festgelegt worden, jetzt musste sie nur noch in die Karten eingezeichnet werden. Mit Sorgen wurden jedoch die AVN- und MFR- Diagramme sowie die 3-Tage-Vorhersage des DWD interpretiert, sie alle versprachen für die Osterfeiertage kein Wetter für uns UL'er. Und so kam es dann auch: Einen Tag vor dem Abflug mussten wir uns dem Wetter beugen, der Ausflug fiel buchstäblich in den Schnee, der Bayerische Wald meldete Schnee unter!

Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben, der Frühling muss ja mal kommen! Und am Morgen des 22. Mai war es endlich soweit. Unsere Truppe - das sind unsere beiden "ehemaligen Fluglehrer" Elvira und Georg und die "Ehemaligen" Andreas, Bernhard mit Frau, Helmut und Eugen - trifft sich schon früh zur letzten Lagebesprechung, es bleibt bei der vorgesehenen Strecke. Der GAFOR kennt für die ersten beiden Abschnitte nur C und O, es ist mit einem leichten bis mäßigen Wind aus Nordost zu rechnen.

Um 06:50 UTC ist die erste unserer 4 Maschinen (3 Tecnam P92, eine Kappa) am Rollhalt 08 und kurz darauf in ihrem Element, die nächsten folgen in kurzen Abständen. Mit Kursen zwischen 190 und 225 geht es über Michelstadt, Walldorf und Bruchsal bei Bilderbuchsicht undeinem Rückenwind von rund 30 km/h nach Karlsruhe. Von hier ab fliegen wir einen Kurs zwischen 202 und 208 Grad; wir folgen der Autobahn, die wir immer schön rechts liegen lassen - die TMZ sowie der D-Luftraum Baden-Baden wollen gemieden werden.

Durch den leichten Dunst sind jetzt schon die Höhen des Schwarzwaldes erkennbar; jetzt heißt es, die Anflugkarte von Bremgarten, unserem ersten Stop, in Sichtweite zu bringen. In einer leichten Rechtskurve drehen wir auf 230 Grad und beginnen den Anflug auf EDTG. Die Kappa ist die erste unserer Truppe, die Bremgarten Info auf 122.000 Mhz ruft. Der Reihe nach landen wir nach 90 Minuten Flug auf dem noch ruhigen Platz mit seiner beeindruckenden 2222m langen Bahn.

Nachdem wir unsere Maschinen zu einem Literpreis von 2,22 DM wieder mit Superbenzin vollgetankt haben, wird bei einem Kännchen Kaffee der nächste Streckenabschnitt nach Kempten im Allgäu besprochen. Obwohl schon einen Tag vorher durch einen Anruf in Friedrichshafen die Erlaubnis gegeben wurde, die TMZ mit nur einer mit Transponder ausgerüsteten Maschine in der Gruppe zu durchfliegen, rufe ich noch einmal kurz vor dem Weiterflug an. "Kein Problem" ist die einladende Antwort und wir freuen uns schon auf den Flug über den Bodensee.

Nach dem Start in Bremgarten gilt es im steten Steigflug die Schwarzwaldhöhen zu erklimmen; am Feldberg vorbei geht es Richtung Schluchsee, hier sind Landeplätze rar, doch die "Rotaxe" arbeiten fleißig vor sich hin. Die ersten Boote auf dem Schluchsee sind schon unterwegs und ziehen ihre Bahnen im See. Hotelanlagen wechseln sich mit kleinen Ansiedlungen ab; mal sehen, ob es irgendwann einmal zu einem Wochenendurlaub hierher reicht. Noch entspricht die Sicht C-Bedingungen, je näher wir aber an Singen und damit an den Bodensee herankommen, desto trüber wird es. Die Bodensicht ist aus 4000ft jedoch immer noch sehr gut, als wir bei Radolfzell den Untersee erreichen. Jetzt gilt es wieder zur Gruppe aufzuschließen, um zusammen die TMZ von Friedrichshafen durchfliegen zu dürfen, die schnelle Kappa muss jetzt halt mal etwas bremsen!

Die Insel Reichenau und Konstanz kommen in Sicht. Auf 124,350 rufe ich nun Friedrichshafen Turm, um die Erlaubnis zum Einflug unserer Gruppe in die TMZ zu bekommen. Anstandslos wird uns der Durchflug genehmigt, in 4000 ft fliegen wir Kurs Lindau. Es gilt aber immer, die Uferkante nicht aus der Sicht zu verlieren, geradeaus ist der Horizont über dem See schlecht auszumachen, auch die Schweizer und Vorarlberger Alpen verstecken sich hinter einer grauen Wand. Links querab taucht EDNY mit der markanten Luftschiffhalle neben der Bahn auf; ein paar Wochen vorher waren einige von uns hier auf der "aero 2001", während den Messetagen war da die Fernsicht durch den Föneinfluss schon besser gewesen.

Mit 120 Grad am Kompass anliegend geht es weiter längs über den Bodensee vorbei an Langenargen, Kreßbronn und Wasserburg nach Lindau, In einem Halbkreis umfliegen wir die auf einer Insel im See gelegene Stadt und nehmen Kurs auf Kempten. Kurz nach Lindau taucht der kleine, aber gemütliche Flugplatz Wildberg auf, die Heimat des "fliegenden Bauern". Langsam aber stetig steigt die Landschaft unter uns an und einige von uns meinen schon Almen ausmachen zu können. Ich mache noch einen kurzen Abstecher über meine Heimat zwischen Wangen und Lindenberg, um dann wieder mit etwas mehr Umdrehungen auf dem Drehzahlmesser zur Gruppe aufzuschließen.

Jetzt gilt es die Anflugkarte von Kempten-Durach an das Instrumentenbrett zu klemmen, dem Wind auf der Nase nach konzentriere ich mich für den Anflug zur 07. Aber nach dem Erstanruf auf 122,000 wird klar, dass wir bei der Landung mit einem Seitenwind zu rechnen haben, wir bekommen die 35 zugewiesen. Der Flugplatz ist mit 2340 ft einer der höchst gelegenen Plätze in Deutschland, zudem ist es ein Grasplatz. Im Endanflug gilt es noch die Autobahn auf einem Damm zu überfliegen, dann kommt die Schwelle. Vor mir die P92, wie fliegt denn die! Doch je mehr ich mich der Schwelle nähere, umso mehr merke ich, warum die Maschine vor mir so seltsam flog: Ein strammer Seitenwind fordert eine hängende Fläche und ein Vorhalten bis zum Aufsetzen! Nach längerer Pause wieder einmal eine Landung auf einem Grasplatz, und dabei nicht mal eine so schlechte...

Jetzt ist Zeit für das Mittagessen angesagt, Leberknödelsuppe und ein Schweinebraten sind erste Wahl. Die steife Brise ist auf der Terrasse gerade noch zu ertragen und die bei schönem Wetter fantastische Sicht auf die Allgäuer Bergen müssen wir uns vorstellen. Aber im Nordosten, da ist es nicht ganz so duster, und da wollen wir ja hin. Der letzte GAFOR-Bericht meldet denn auch für 83 und 84 ein bescheidenes D3, die Gebiete 81, 82 und 74 bis 76 liegen aber schon wieder im C-Bereich. Guten Mutes starten wir zum Weiterflug Richtung Füssen, mit der Graspiste und bei dieser Platzhöhe dauert es schon etwas länger, bis wir in der Luft sind.

Die Sicht in die Allgäuer Berge ist tatsächlichdurch den Stau verbaut, trotzdem ist der Vorbeiflug an Füssen mit dem Schloss Neuschwanstein am Berghang ein Erlebnis. Ein Vorteil hat das Wetter auch, tummeln sich hier doch bei Kaiserwetter so viele Flugzeuge herum, dass vor lauter Aufpassen kaum mehr ein Blick auf die Landschaft zu werfen ist - Heute ist es hier richtig ruhig und entspannend! Mittlerweile mit ICAO-Blatt München in Griffweite fliegen wir an Steingaden mit seiner Wieskirche vorbei auf Ostkurs direkt auf den Staffelsee zu. Links vor uns taucht bei immer besser werdender Sicht auch schon die Spitze des Starnberger Sees auf, während auf der rechten Seite die Benediktenwand mehr zu erahnen als zu sehen ist. Kurz vor Bad Tölz tummeln sich unsere Kollegen von der motorlosen Zunft, überall ziehen Hängegleiter ihre Kreise.

Der Tegernsee und der Schliersee ziehen rechts unter uns vorbei, da treffen wir schon auf das Autobahndreieck bei Rosenheim; hier trifft die Inntalautobahn auf die A8, der wir nun bis zum Chiemsee folgen. Rechts taucht immer wieder in den Dunst- und Nebellücken die Kampenwand auf, während sich unter uns der Chiemsee mit den beiden malerischen Inseln Herren- und Frauenchiemsee ausbreitet. Quer über den See hinweg fliegen wir nun mit einem Kurs von 20 Grad immer besser werdendem Wetter entgegen. Über dem malerisch gelegenen Burghausen an der Salzach herrscht schon eitler Sonnenschein, nur ein paar Schönwetterwolken begleiten uns noch.

Der am Inn gelegene Grasplatz Kirchdorf taucht vor der Nase auf, rechts voraus liegt Braunau am Inn. Dem Inn entlang fliegen wir weiter bis zur Dreiflüsse-Stadt Passau, die auch aus der Vogel- sprich UL-Perspektive ein beeindruckendes Bild zeigt. Noch weit nach rechts ist die Donau zweifarbig zu sehen, es dauert lange, bis sich das helle Wasser aus der Salzach mit den dunklen Fluten der Donau vermischt hat. Für uns beginnt jetzt wieder ein anstrengenderer Abschnitt, der Anflug auf Sonnen beginnt. Obwohl ich einige Wochen zuvor hier schon mal einige Kreise gedreht habe, ist die Orientierung nicht leicht. Als markanter Punkt dient ein Steinbruch am Pistenanfang, doch der muss erst gefunden werden, denn hier gibt es mehrere davon...

Da, ein Steinbruch, aber wo ist die Piste? Es muss auch eine kleine Ortschaft am Bahnende sein, hier ist von beiden nichts zu sehen. Da, bei dem nächsten Hügel wieder ein heller Fleck. Das ist der richtige Steinbruch, die Landebahn, die Häuser. Nach dem obligatorischen Erstanruf über Funk kommt gleich die Freigabe zur Landung auf der zwo-null. Oh, hier im rechten Queranflug geht es aber ganz schön bockig zu, die Luft über dem Steinbruch brodelt. Doch Ruhe bewahren, die Klappen nur in die erste Position fahren, und jetzt in das Endteil eindrehen. Die vor mir liegenden 420 m Asphalt tanzen ganz schön auf und ab, kreuz und quer. Mit dem Gashebel die Höhe und mit dem Knüppel die Fahrt und Querlage korrigierend trotze ich den Luftwirbeln, da setzt sich die P92 auch schon etwas widerwillig, aber schlussendlich doch brav auf den Asphalt; wir sind auf dem in Deutschland am höchsten gelegenen Platz gelandet, 2702 ft sagt die Anflugkarte!

Der Abend klingt bei einem deftigen Essen im Kreis derlokalen Fliegerkameraden in der am Flugplatz gelegenen Gaststätte aus; zum Schluss weiß ich immer noch nicht, was besser schmeckt: Die Bärwurz oder die Blutwurz! In stockdunkler Nacht, mit einem im Umland der Großstädte unbekannten, klaren Sternenhimmel über uns, brechen wir zum Marsch in unser Nachtquartier auf. Wir werden von einem kräftigen Ostwind geweckt, die Sonne lacht vom tiefblauen Himmel. Nach einem gemütlichen Frühstück marschieren wir wieder zum Flugplatz, das Vorfeld wird von den drei Tecnam's und der Kappa beherrscht. Gleich fangen wir mit dem Betanken der Flugzeuge an, die Scheiben werden geputzt und der nächste Streckenabschnitt besprochen. Von dem rührigen und hilfsbereiten Max bekommen wir noch den Tipp, nach dem Start nach Osten bis zur Grenze zu fliegen, um einen Blick auf den dahinter liegenden Stausee werfen zu können.

Punkt 08:30 UTC Magnetcheck am Rollhalt - besser Startpunkt der 20. Eine Minute später bin ich mit der P92 schon 50 ft über der Halbbahnmarkierung, nicht ohne noch einmal von dem durch den an der Bahnseite liegenden Hang generierten Luftwirbel eine verpasst zu bekommen. Doch schon im Querabflug wird es ruhiger, im Steigflug Richtung Stausee ist es dann angenehm ruhig, die Tecnam liegt wie ein Brett in der Luft. Langsam schließen auch die anderen Maschinen wieder auf, die Gruppe ist auf dem Weg zum nächsten Ziel, dem Rosenthal Field Plössen. Der Stausee liegt vor uns, jetzt heißt es nach Süden abzudrehen. Über Freistadt geht es zurück zu den Donauschleifen bei Haibach, ein fantastischer Anblick.

Nun geht es immer schön der Donau entlang bis zur Walhalla bei Regensburg. Passau kommt wieder in Sicht, gleich von welcher Seite, die Stadt mit den drei Flüssen Donau, Inn und Ilz sieht aus der Luft faszinierend aus. Das Land wird flacher, vor uns taucht Vilshofen aus. Plattling, Deggendorf und Straubing sind die nächsten Checkpunkte und in der flachen Donauebene nicht zu verfehlen. Am Horizont ist schon der helle Komplex der Walhalla zu erkennen, auch aus unserer Sicht ein beeindruckendes Denkmal deutscher Geschichte.

Jetzt drehen wir nach Norden ab und folgen der A93, der von einem Zaun aus Bäumen umgebene Flugplatz Regensburg-Oberhub ist der nächste auf dem Flugplan abzuhakende Punkt. Das Münchner ICAO-Blatt verschwindet in der Tasche, die Nürnberger Karte wird jetzt gebraucht. Schwandorf, Schmidgaden und Weiden sind die nächsten Punkte auf der Karte und alle der Reihe nach an der Autobahn, das ist VFR pur.

Über Weiden mit seinem Flugplatz, die Piste ist nicht viel breiter als die Spannweite der P92, drehen wir auf Kurs 310 und an der D-Kontrollzone von Grafenwöhr vorbei beginnt der Anflug auf EDQP. Für uns alle wieder ein unbekannter Platz, wo liegt der denn nun wieder. Die flinke Kappa macht wieder mal das Rennen und meldet sich schon bei Info, aber mit GPS unterstützter Anflugkarte ist das auch etwas einfacher; wir in den Tecnam's haben es da nicht ganz so einfach. Doch das Anflugblatt ist auch hier wieder eine gute Hilfe: Die Rückseite des Blattes zeigt einige große Hallen auf der Nordseite des Platzes und als Auffanglinie eine Bahnstrecke.

Der nächste Blick aus der Kanzel entdeckt dann auch schon den Hallenkomplex; Zeit den Anruf auf 127,450 abzusetzen. Nacheinander fallen wir auf die 09 ein, bei dem strammen Nordostwind ist wieder einmal etwas Rudern angesagt. Kaum ausgestiegen, werden die Maschinen schon mit einer Mischung aus AV- und MOGAS betankt, die jeweilige Menge wird mit Kreide einfach auf den Boden vor der Tanksäule geschrieben - auch eine Möglichkeit für vergessliche Piloten. Schnell sind der Kraftstoff und die Landegebühr auf dem Turm bezahlt, aber jetzt kommt die Enttäuschung: Wir haben uns alle auf ein bürgerliches Mittagessen gefreut, aber die Wirtin ist nicht aufzutreiben. So machen wir eben einen kleinen Fußmarsch in das nahegelegene Dorf, doch zu mehr als ein paar in einer Konditorei erstandenen Kuchenstückchen kommen wir nicht. Dafür wurde bei den großen Hallen am Flugplatzrand, eine Porzellanfabrik, ein Fabrikladen ausgemacht, der Porzellan anbietet ....

Mit dem Funkspruch "Delta Ecko Kilo, Rollhalt null neun, abflugbereit" und der anschließenden Bestätigung vom Turm beginnt der letzte Streckenabschnitt. Nach dem Start drehen wir auf südwestlichen Kurs, in zwanzig Minuten sind wir querab von Burg Feuerstein. Ein kleiner Schwenk auf 310 Grad, da taucht voraus auch schon die alte Bischofsstadt Bamberg auf. Von hier folgen wir dem Main; Hassfurt und dann auch Schweinfurt bleiben unter uns zurück. Jetzt trennen uns nur noch eine knappe halbe Stunde von Aschaffenburg. Über Lohr am Main hinweg geht es zügig über die Spessarthügel dem Heimatflugplatz zu; schon sind die ersten aus unserer Gruppe im Radio zu hören, wie sie "Aschaffenburg Info" rufen. Null acht, QNH 1022 ist die kurze Antwort, aber wir wissen damit einiges anzufangen. Von Norden her erfolgt in 1400 ft der Einflug in die Platzrunde. Queranflug, Fahrt abbauen, Klappen ausfahren, Eindrehen in das Endteil und Aufsetzen kurz hinter der Schwelle - Alle aus unserer Gruppe haben das schon so viele Male während der Ausbildung hier geübt, ob jetzt unsere "ehemaligen" Fluglehrer mehr zufrieden sind?

Zwei erlebnisreiche, zu kurze Tage sind vergangen, rund 1000 "Luft"-Kilometer und knapp achteinhalb Flugstunden waren wir unterwegs. Doch kaum sind die Flugzeuge geputzt und verzurrt, taucht schon die Frage auf: "Wo fliegen wir das nächste Mal hin?!"

Eugen Karg